Am Montag ging es dann von der Halong Bucht mit dem Bus nach Ninh Binh, die Fahrt dauerte ca. 4,5 Stunden. Und endlich bekamen wir Sonne und blauen Himmel :-) Diesmal war der Bus etwas größer und komfortabler und die Klimaanlage lief nicht auf Hochtouren. Zwischendurch haben wir noch eine kleine Pause eingelegt und nicht schlecht über die Toiletten gestaunt ... sagen wir‘s mal so, sie waren gewöhnungsbedürftig :-D Bei den Männern war es noch ok aber bei den Damentoiletten gab es eine Pinkelrinne, wo alle nebeneinander hockten. Da ist Doreen dann gleich wieder rückwärts raus.
Es ging dann weiter und wir haben im Bus noch ein bisschen geschlummert. Als wir in Tam Coc ankamen, riefen wir wegen der Abholung in unserer Unterkunft, dem Sierra Homestay an. Ein paar Minuten später klingelte mein Handy und Tan - der Sohn der Familie, die die Zimmer vermietet - sagte uns, dass das Auto leider nicht anspringt und hat sich 1000 mal entschuldigt. Aber das war alles kein Problem, wir sind ja nicht in der Pampa. Smartphone gezückt, die Grab App aufgerufen und auf Bestellen gedrückt ... 2 Minuten später war unser Fahrer da, verfrachtete unser Gepäck in sein Auto und es ging los. Grab ist ein privater Taxidienst, quasi die asiatische Antwort auf Uber. Die Fahrt war recht abenteuerlich, da es schon dunkel und kaum etwas beleuchtet war. Und wir waren halt irgendwo auf dem Land und nicht in der Stadt. Mit einem Taxi im Dunkeln durch ein Dorf in Deutschland zu fahren ist eine Sache, in Vietnam mit einem Wildfremden irgendwo durch die Pampa fühlt sich schon anders an. Zum Glück konnten wir jederzeit auf Google Maps sehen, wo er mit uns hinfährt :-D
Als wir ankamen, wurden wir sehr herzlich von Tan begrüßt und nahmen erstmal in der Lobby Platz. Tan ist 26 und wohnt dort mit seinen Eltern und seiner Großmutter. Er ist der einzige in der Familie, der gut englisch spricht und kümmert sich sehr herzlich um die Gäste. Bei einem Glas Wasser erzählte er uns dann, was wir uns alles so anschauen müssen und welche Bootstour sich am meisten lohnt. Danach bezogen wir unser Zimmer und staunten über das riesige Fenster, welches sich über die komplette Wand erstreckte und einen wunderbaren Blick auf das Dorf und die umgebenden Karstfelsen bot. Das war einfach nur krass! Das Zimmer selbst und das Bad war einfach - also kein Schickimicki - aber sehr großzügig und sauber. Frisch geduscht begaben wir uns für’s Abendessen auf die Dachterrasse. Zum Essen servierte uns Tans Vater dann noch selbst gemachten Reisschnaps. Später hab ich erfahren, dass er um die 45% hatte. War aber total weich und sehr lecker, konnte man wirklich sehr gut trinken. Er zückte dann sein Smartphone und sprach etwas in die Übersetzungs-App, er selbst konnte kein Englisch. Er sagte uns, dass sie oft Besucher aus Deutschland haben und dass der Reiswein aus eigener Herstellung ist.
Das Abendessen war richtig lecker, wir hatten die besten Frühlingsrollen unseres Lebens! Ganz anders, als die, die man sonst so kennt.
Was nach dem Abendessen folgte, war einfach unvergesslich ... Tan hat uns zusammen mit einem australischen Pärchen in den Tempel mitgenommen, wo wir dann zusammen mit den Einheimischen meditiert haben. Danach saßen wir zusammen in einer großen Runde und haben Mandarine Maiskolben gegessen. Tan sagte dann, dass sie ein Geschenk für uns haben. Sie wollten für uns singen! Aber natürlich nicht ohne Gegenleistung und schon ging‘s los mit Karaoke. Das war so verrückt! Wir saßen in einem Tempel mit den ganzen Menschen, die dort leben und sangen ihnen etwas vor ... Da Tan uns vorher schon beim Zeigen des Fernsehers auf dem Zimmer das Musikvideo von 99 Luftballons eingeschaltet hat, sangen wir das dann einfach mehr oder weniger gut aber es war total cool, wie die anderen alle dazu abgefeiert haben. Und dann wollten sie auch noch alle Selfies mit uns machen und haben sich so herzlich dafür bedankt. Auf dem Rückweg zum Homestay hielten wir irgendwo an einer dunklen Straßenecke und dort sahen wir dann auch schon ein paar Tische und die typischen kleinen Plastikhocker stehen. Es stießen noch einige Leute, die vorher schon im Tempel dabei waren, dazu und wir saßen noch nett zusammen und haben uns bei leckerem Essen nett unterhalten.
Die anderen waren wirklich sehr interessiert an uns. Sie wollten wissen, welches vietnamesische Essen wir am meisten mögen, wie wir uns zu Hause fortbewegen, ob wir verheiratet sind und Kinder haben. Der Australier sagte, dass er einen Honda fährt und die Vietnamesen dachten zuerst, er meinte ein Honda-Motorrad, weil es eben in VN so üblich ist, sich auf 2 Rädern fortzubewegen.
Als wir ihnen dann erzählten, wie alt wir sind und dass wir fast 10 Jahre zusammen, aber nicht verheiratet sind und keine Kinder haben, war ihnen ihr Unverständnis förmlich ins Gesicht geschrieben... nun mussten wir erstmal eine Antwort auf das „Warum nicht“ finden ... :-D
Dieser Abend war wirklich ein unvergessliches und sehr authentisches Erlebnis und hat uns sehr berührt.
Am nächsten Tag genossen wir auf der Dachterrasse ein richtig gutes Frühstück mit typischem vietnamesischen Kaffee und einem frischen Mangosaft. Hmmmm lecker!!Anschließend schwangen wir uns bei tollem Wetter auf den Drahtesel, die wir bei unserer Unterkunft kostenlos ausleihen konnten, um erstmal die Gegend zu erkunden. Dabei fuhren wir erst durch‘s Dorf und dann über die Reisfelder und machten unterwegs ein paar Stops für Fotos. Dann begaben wir uns zum Hang Mua oder auch Mua Caves Aussichtspunkt, wo wir nach ungefähr 500 zum Teil sehr steilen Treppen mit einer total unwirklichen Aussicht belohnt wurden. Auf der einen Seite die Kalksteinfelsen und ein Fluss, auf dem auch einige Touristen auf dem Boot unterwegs waren, auf der anderen eine kleine Pagode auf dem Felsen und dahinter das flache Land und Reisfelder. Natürlich haben wir auch dort jede Menge Fotos gemacht, auch mit der Drohne. Aber es gibt Dinge, die kann man einfach nicht auf einem Foto festhalten, das war einfach atemberaubend.
Wir radelten dann wieder zurück und beendeten den Tag mit einem leckeren Abendessen und netten Gesprächen mit anderen Gästen.
Wie schon zuvor erwähnt, war Tan sehr herzlich, super hilfsbereit und immer für uns da, wenn wir Fragen hatten. Als wir am 2. Tag nach dem Frühstück nach Fahrrädern zum Ausleihen fragten, erzählte ich Tan, dass ich noch nie auf einem Motorroller oder Motorrad gesessen habe. Daraufhin meinte er, dass es gar nicht schwer ist und hat direkt angeboten, eine Runde mit mir zu drehen und es mir beizubringen. Er und Doreen mussten mich erstmal dazu überreden, weil ich keine Zeit verlieren und die Bootstour machen wollte. Also schwang ich mich auf den Roller und Tan sprang hinten drauf und und es ging los. Eigentlich war es wirklich total easy und wir düsten ein paar mal durch und um das Dorf herum. Danach sind Doreen und ich nochmal zusammen mit dem Roller um das Dorf rumgefahren. Das war einfach unvergesslich, durch das Dorf und die umgebenden Reisfelder zu düsen.
Anschließend radelten Doreen und ich zu der Anlegestelle für die Bootstour. Wir entschieden uns für die Variante mit den meisten Höhlen und Stops, da wir genug Zeit hatten und so viel wie möglich sehen wollten. Ein Boot wurde immer mit 4 Leuten (die Ruderin nicht mitgezählt) belegt. Wir saßen zusammen mit einem italienischen Paar, das momentan in London lebt, auf dem Boot und sind zwischen den Kalksteinfelsen und durch 9 verschiedene Höhlen gefahren. Natürlich haben wir fleißig mitgepaddelt :-) Die Höhlen waren zum Teil so niedrig, dass wir ganz schön die Köpfe einziehen mussten und Federico hat sich sogar einmal den Kopf gestoßen. Zwischendurch hielten wir ein paar mal und schauten uns interessante Pagoden bzw. Tempelanlagen an. Als wir nach unserem ersten Stop wieder losfahren wollten, mussten wir erstmal unser Boot zwischen den anderen finden. Dadurch, dass die Ruderinnen alle gleich gekleidet waren, die gleichen Hüte und zu allem Überfluss auch noch Atemmasken trugen, haben wir unsere nicht direkt wieder erkannt. Peinlich! Die Ruderinnen selbst scheinen das zu kennen, denn sie haben sich einen Spaß draus gemacht, indem jede behauptete, dass sie unsere wäre :D für den nächsten Stop haben wir uns erstmal die Bootsnummer gemerkt ;-)
Die gesamte Tour war total faszinierend ... umgeben von Dschungelgeräuschen fuhren wir auf dem Wasser durch eine unwirkliche Welt, wie aus einem Film. Zum Beispiel wurde Kong Skull Island dort gedreht, den werden wir uns dann wohl mal anschauen, wenn wir wieder zu Hause sind, oder im Flieger :-)
Als wir mit der Bootstour fertig waren, sind wir mit dem Fahrrad ein wenig weiter gefahren und ich hab noch ein paar Aufnahmen mit der Drohne gemacht. Prompt kamen zwei Einheimische an, die dort Kräuter gesammelt haben und waren total aus dem Häuschen. Die beiden haben sich irgendwie total gefreut und haben mich auf vietnamesisch vollgequatscht und immer irgendwo hingezeigt, da sollte ich wohl auch nochmal hinfliegen :-D
Auf dem Rückweg nach Hause fuhren wir dann bisschen durch die Pampa und durch‘s Dorf und sahen unsere erste Schlange, die ich sogar fast überfahren hätte. Wird wohl nicht die letzte gewesen sein!
Am nächsten und leider letzten Tag in Ninh Binh haben wir uns dann sogar einen Roller geliehen und sind damit zur Bai Dinh Tempelanlage gefahren. Das ist ein riesiger Komplex aus Tempeln, insgesamt ca. 700 Hektar groß. Wow, das war beeindruckend! Wir haben ein ganzes Weilchen gebraucht und haben noch nicht mal alles gesehen. Wir wollten dann aber auch zurück, bevor es richtig dunkel wird, weil das Licht an unserem Roller natürlich nicht funktionierte. Also noch schnell ein paar Drohnenaufnahmen mit der Abendsonne gemacht und los ging‘s. Wir packten unsere Sachen zu Ende, machten uns frisch und genossen noch das leckere Abendessen. Tan brachte uns dann mit dem Auto zum Bahnhof aber vorher ging es natürlich wieder in einen Tempel, wo die Leute gerade noch am Meditieren waren. Also brachte er uns in einen anderen Raum zu einer Bhikkhuni, einer buddhistischen Nonne. Dort wurde uns Tee serviert und wir warteten, bis die anderen mit dem Meditieren fertig waren. Unsere erste Befürchtung, dass wir wieder Karaoke machen, hat sich zum Glück nicht bestätigt :-) Gesungen wurde aber trotzdem und zwar eine Art Kirchenlied. Dazu wurden Notenblätter mit dem vietnamesischen und englischen Text verteilt. Danach ging Tan nach vorne und fing an, mit den Einheimischen die Aussprache der einzelnen englischen Worte zu üben und plötzlich sollte ich auch mit nach vorne und mithelfen. Nun stand ich da mit ihm und machte den Englischlehrer. Das war so spannend, wie erwartungsvoll sie mich alle angeschaut haben und versuchten so gut es ging, die Worte nachzusprechen. Listen and repeat sag ich nur ... wow, was für eine Erfahrung :-D
Wir wurden dann zum Dank noch mit reichlich Proviant für die Zugfahrt eingedeckt, Bananen, Mandarinen und Maiskolben. Irgendwie fiel uns der Abschied sehr schwer, die Menschen dort sind so freundlich und wissbegierig und Tan ist derjenige, der Englisch auf Youtube gelernt hat und es ihnen beibringt. Wie großartig!
Nachdem Tan uns dann zum Bahnhof gebracht hat und wir uns schweren Herzens von ihm verabschiedet haben, stiegen wir gegen 22:30 Uhr in den Nachtzug, mit dem wir am nächsten Tag gegen 10 Uhr in Hue ankommen sollten.